Ableitende Inkontinenz
Mittwoch, 01.02.2023
Ratgeber Ableitende Inkontinenz
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Inkontinenz, also der unfreiwillige Verlust von Harn und Stuhl, ist deutlich weiter verbreitet, als viele glauben. Allein in Deutschland sind etwa zehn Millionen Menschen betroffen. Die Dunkelziffer liegt aber vermutlich weit höher. Denn viele Betroffene leiden still und nehmen aus Angst und Scham vor einem möglichen „Missgeschick“ Einschränkungen durch diese chronische Krankheit einfach hin. Dabei gibt es heutzutage eine Reihe an wirksamen Behandlungsmöglichkeiten.
Welche Hilfsmittel gibt es für Inkontinenz?
Betroffenen stehen eine Vielzahl an hilfreichen und zuverlässigen Inkontinenzprodukten zur Verfügung:
- Hilfsmittel, die Körperflüssigkeiten sicher aufnehmen (aufsaugende Hilfsmittel): Einmalprodukte, wie Vorlagen, Windeln, Pants, etc., die abgehenden Harn und Stuhl zuverlässig aufnehmen können.
- Produkte, die diskret ableiten können (ableitende Inkontinenzprodukte) und so ein freies und selbstbestimmtes Leben wieder möglich machen.
Was ist ableitende Inkontinenz?
Unter einer ableitenden Inkontinenz versteht man die Behandlung der Inkontinenz mit Hilfsmitteln, die austretenden Urin vom Körper wegleiten. Die ableitende Inkontinenz wird vor allem bei Harninkontinenz eingesetzt.
Ableitende Inkontinenzhilfen:
Was sind ableitende Hilfsmittel?
Ableitende Hilfsmittel zur Inkontinenz sind so konzipiert, dass sie den Urin entweder direkt aus der Harnblase oder auch erst nach dem Austreten aus der Harnröhre auffangen und ihn anschließend in ein dafür vorgesehenes Behältnis transportieren bzw. in die Toilette entsorgen lassen.
Für wen sind ableitende Inkontinenzhilfen besonders geeignet?
- Eine ableitende Inkontinenztherapie ist vor allem für Menschen geeignet, die dauerhaft oder auch nur vorübergehend bettlägerig sind. Das kann – neben einer Gehbehinderung – zum Beispiel auch bei Patienten oder Patientinnen der Fall sein, die sich nach einer Operation, einem Unfall oder aus anderen Gründen zeitweise liegend erholen müssen.
- Darüber hinaus kommt eine ableitende Inko für Menschen infrage, die ihre Blasenfunktion nicht mehr selbstständig steuern können, z.B. aufgrund einer Querschnittslähmung, nach einem Schlaganfall oder einer Multiple-Sklerose-Erkrankung.
- Auch, wenn die Blase nicht mehr vollständig entleert werden kann und Restharn zurückbleibt oder die Haut durch langes Tragen von aufsaugenden Inkontinenzprodukten wund geworden ist, sind ableitende Inkontinenzhilfsmittel eine gute Alternative.
Bei welcher Inkontinenz werden Katheter eingesetzt?
Katheter werden ausschließlich zur Behandlung einer Harninkontinenz eingesetzt. Die Behandlung gilt als invasiv, da der Katheter über die Harnröhre in die Harnblase eingeführt wird und der Urin von dort direkt aus dem Körper geleitet wird.
Katheter (Einmalkatheter, Dauerkatheter)
Der Harnblasenkatheter ist das bekannteste ableitende Hilfsmittel zur Behandlung einer Harninkontinenz. Es gibt ihn als Dauerkatheter, aber auch als Einmalkatheter zur Selbstanwendung.
Dauerkatheter
Ein Dauerkatheter muss immer von geschultem Personal gelegt werden und kann anschließend mehrere Stunden bis einige Tage in der Blase verweilen. Er wird nur bei schwerer Harninkontinenz angewendet und birgt durch die künstliche Verbindung vom Inneren des Körpers nach draußen leider immer auch die Gefahr von Infektionen. Daher wird ein Dauerkatheter nur verwendet, wenn keine andere Inkontinenzbehandlung möglich ist oder sinnvoll erscheint.
Bettbeutel
Um den über den Dauerkatheter aus der Blase abgeleiteten Urin aufzufangen, werden in der Regel sogenannte Urinbeutel eingesetzt. Sie sind über einen Schlauch mit dem Dauerkatheter verbunden und sammeln den abgeleiteten Urin. Urinbeutel, die am Bett des Patienten bzw. der Patientin angebracht sind, nennt man Bettbeutel. Sie verfügen in der Regel über ein besonders hohes Fassungsvermögen und können oft bis zu 2 Liter Urin aufnehmen, was ohne Wechsel z.B. für die ganze Nacht ausreicht.
Beinbeutel
Für mobile Patienten mit Dauerkatheter stehen auch sogenannte Beinbeutel zur Verfügung. Beinbeutel sind kleinere Urinbeutel, die mit einer Halterung direkt am Ober- oder Unterschenkel befestigt werden, wo sie den Urin sammeln. Beinbeutel werden diskret unter der Kleidung getragen und fallen damit optisch kaum auf.
Einmalkatheter
Neben der Behandlung mit Dauerkathetern, stehen im Rahmen der ableitenden Inkontinenz, auch sogenannte Einmalkatheter zur Verfügung. Sie sind deutlich einfacher in der Anwendung und können deshalb auch von der betroffenen Person selbst bzw. von Angehörigen oder Pflegepersonal gelegt werden. Anders, als ein Dauerkatheter – bleibt der Einmalkatheter nur so lange in der Blase, bis diese entleert ist. Anschließend wird der Einmalkatheter wieder entfernt und im Müll entsorgt. Die Behandlung mit Einmalkathetern erfolgt also regelmäßig und mehrmals am Tag. Da keine Dauerverbindung von der Blase nach außen besteht, ist das Risiko einer Infektion bei richtiger Anwendung geringer, als bei der Behandlung mit einem Dauerkatheter.
Werden Einmalkatheter von der Krankenkasse bezahlt?
Die Versorgung mit Einmalkathetern bei Inkontinenz wird unter bestimmten Voraussetzungen von den gesetzlichen Krankenkassen finanziell bezuschusst. Höhe und Umfang der Kassenleistung sind jedoch nicht einheitlich geregelt und können sich damit von Krankasse zu Krankenkasse unterscheiden. Um einen Krankenkassenzuschuss für Inkontinenzprodukte zu erhalten müssen Sie gegenüber der Krankenkasse nachweisen können, dass die Versorgung mit Inkontinenzhilfen medizinisch notwendig und im Einzelfall auch erforderlich ist. Diesen Nachweis erhalten Sie von einem Arzt, der die Art und Schwere der Inkontinenz ermittelt und dann zusammen mit Ihnen bespricht, welche Inkontinenzhilfsmittel für Sie am besten geeignet sind. Im Anschluss erhalten Sie dann ein entsprechendes ärztliches Rezept. Bei uns können Sie Ihr Rezept dann einfach einreichen.
Urinalkondome und Penisklemmen für Männer
Vor allem für Männer gibt es im Bereich der ableitenden Inkontinenz noch zwei weitere Alternativen, mit denen eine Harninkontinenz ohne Eingriff in den Körper behandelt werden kann. Diese sind das Urinalkondom und, im etwas erweiterten Sinne, die Penisklemme.
Urinalkondome
Das Urinal-Kondom ist ein Hilfsmittel bei Harninkontinenz das einem Kondom ähnelt und auch ähnlich angewendet wird. Es wird zum Tragen über den Penis gerollt und kann zur besseren Haltbarkeit oft zusätzlich noch mit speziellen Klebestreifen an der Haut befestigt werden.
An der Spitze des Urinal-Kondoms befindet sich ein Ablaufstutzen, der über einen Schlauch mit einem Urinbeutel – Beinbeutel oder Bettbeutel - verbunden wird. Der abgehende Urin kann so – ohne in den Körper einzugreifen – direkt beim Austritt abgefangen und in den Bett- oder Beinbeutel abgeleitet werden.
Urinalkondome werden vor allem für Männer angeboten. Es gibt sie aber auch in entsprechend angepasster Form für Frauen, wo sie aber sehr selten zum Einsatz kommen.
Penisklemme
Eine Penisklemme ist ein Hilfsmittel, das in der Regel für einen begrenzten Zeitraum eingesetzt wird, wenn andere Inkontinenzhilfen ungeeignet, unpassend oder auch störend wirken, wie etwa bei einem Schwimmbadbesuch.
Bei der Penisklemme handelt es sich um eine Art Manschette, die um den Penis gelegt wird, wo sie Druck auf die Harnröhre ausübt. Durch den Druck wird die Harnröhre verschlossen, was die Harninkontinenz vorübergehend stoppt.
Pessare und Vaginaltampons für Frauen
Auch bei Frauen lässt sich eine leichte bis mittlere Harninkontinenz mithilfe von mechanischen Hilfsmitteln behandeln. Insbesondere, wenn Senkungsprobleme zu einer Belastungsinkontinenz geführt haben. Davon spricht man, wenn beim Husten, Niesen oder Lachen Harn abgeht.
Hierzu werden spezielle Pessare und Vaginaltampons verwendet, die meist aus Silikon bestehen und über eine Rückholfaden verfügen. Sie werden zur Anwendung, wie Hygienetampons, in die Scheide eingeführt werden. Dort üben sie Druck auf die vordere Scheidenwand aus und sorgen dafür, dass der Blasenhals wieder zurück in seine natürliche Position angehoben wird. Dadurch kann die Schließfunktion der Harnröhre wiederhergestellt oder zumindest verbessert werden.
Wird ein Pessar von der Krankenkasse bezahlt?
Pessare und Vaginaltampons für Frauen zur Inkontinenzbehandlung sind verordnungsfähige Hilfsmittel, die unter gewissen Voraussetzungen von den gesetzlichen Krankenkassen finanziell bezuschusst werden. Dazu benötigen Sie ein vom Arzt ausgestelltes Rezept.
Das Rezept können Sie hier einreichen:
https://www.bunzl-healthcare.de/rezepteinreichung
Analtampons
Analtampons werden zur Behandlung einer Stuhlinkontinenz eingesetzt. Es gibt sie in unterschiedlichen Größen und Formen. Sie bestehen meist aus Silikon oder einem hautverträglichen Schaumstoff und verfügen über einen Rückholfaden. Analtampons werden in der Regel selbstständig ins Rektum eingeführt und verschließen dort für eine begrenzte Zeit den Analkanal, so dass Stuhl nicht ungewollt austreten kann.
Ableitende Inkontinenz:
Was zahlt die Krankenkasse?
Ableitende Inkontinenzartikel sind verordnungsfähige Hilfsmittel, die von den gesetzlichen Krankenkassen finanziell bezuschusst werden können. Voraussetzung dafür ist eine mindestens mittelschwere Inkontinenz, die eine Behandlung mit ableitenden Inkontinenzartikeln nötig macht bzw. sinnvoll erscheinen lässt. Darüber entscheidet in der Regel der behandelnde Arzt, der die Art und Schwere der Inkontinenz feststellt und anschließend mit Ihnen zusammen die passende Behandlung der Inkontinenz bespricht. Wenn eine ableitende Inkontinenz für Sie in Frage kommt, stellt der Arzt Ihnen ein entsprechendes Rezept aus, das Sie dann direkt einreichen können.
Autoren-Profil
Anja Lang ist Medizinjournalistin mit langjähriger Erfahrung. Nach dem Studium der Kommunikationswissenschaften mit Schwerpunkt Medizin- und Wissenschaftsjournalismus war Sie als Medizinjournalistin für verschiedene Fernsehsender tätig. Mittlerweile ist sie seit über 20 Jahren selbstständig und schreibt für diverse einschlägige Fachzeitschriften sowie Gesundheitsportale.
https://anjalang-medizintexte.de/
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