Dranginkontinenz
Montag, 17.04.2023
Ratgeber Dranginkontinenz
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Die Dranginkontinenz ist eine der häufigsten Inkontinenzformen. Es handelt sich dabei um eine reine Harninkontinenz, die nicht mit der sehr viel selteneren „Dranginkontinenz Stuhl“ verwechselt werden darf. Fachsprachlich wird die Dranginkontinenz auch „Urge Inkontinenz“ genannt. Denn typisch für diese Inkontinenzform ist ein überfallartig einsetzender, starker und mit dem Willen kaum unterdrückbarer Harndrang. Bei dieser Erkrankung zieht sich der Blasenmuskel unwillkürlich und ohne Vorwarnung zusammen, wodurch kleinere Mengen an Urin unmittelbar abgehen. Der quälende Harndrang tritt ungewöhnlich häufig, mehr als acht Mal am Tag bis mehrmals stündlich sowie auch nachts auf. Diese Beschwerden stellen eine starke Belastung der Lebensqualität dar.
Kann der Harndrang noch eine gewisse Zeit unterdrückt werden, spricht man auch von einer „überaktiven Blase“, früher „Reizblase" genannt. Sie gilt als Vorstufe der Dranginkontinenz, da es Betroffene hier meist noch rechtzeitig zur Toilette schaffen, wo sie dann meist aber nur winzige Mengen Urin abgegeben.
Arten von Urge Inkontinenz
Es gibt verschiedene Ursachen, die zu einer Dranginkontinenz führen können. Insgesamt werden vor allem drei Formen der Dranginkontinenz unterschieden:
- Motorische Dranginkontinenz
Bei der motorischen Drang- oder auch Urge Inkontinenz fehlt die Hemmung der Nervenimpulse des Blasenmuskels. Die Blase ist überaktiv und zieht sich bereits bei einer geringen Füllmengen übermäßig oft krampfartig zusammen. Das führt zu dem unkontrollierbaren – fachsprachlich imperativen Harndrang - bei dem schwallartig kleine Urinmengen abgehen können. - Sensorische Dranginkontinenz
Ursache der sensorischen Dranginkontinenz sind übersensible Nervenenden in der Blasenwand. Sie melden beim Befüllen die fehlerhafte Information an das Gehirn, dass die Blase bereits voll ist und geleert werden muss. In der Folge sendet das Gehirn Nervenimpulse an die Blasenmuskulatur sich zusammenzuziehen, was den übermäßig häufigen und starken Harndrang auslöst, obwohl die Blase noch fast leer ist. Das führt dazu, dass Betroffene übermäßig häufig, nicht selten mehrmals in der Stunde, eine Toilette aufsuchen zu müssen – obwohl sie gerade erst dort waren. - Idiopathische Dranginkontinenz
Nicht immer lässt sich die genaue Ursache für eine Dranginkontinenz exakt ermitteln. Der Arzt spricht dann von einer idiopathischen (altgriechisch für „Leiden ohne bekannte Ursache“) Dranginkontinenz.
Dranginkontinenz beim Mann
Die Dranginkontinenz (oder auch Urge Inkontinenz) ist die häufigste Inkontinenzform bei Männern. Die Erkrankung tritt mit zunehmendem Alter vor allem in Zusammenhang mit einer Vergrößerung der Prostata auf.
Dranginkontinenz bei Frauen
Die Dranginkontinenz tritt auch bei Frauen vermehrt erst in späteren Jahren, im Zuge von Hormonveränderungen in den Wechseljahren, auf. Sie ist die zweithäufigste Inkontinenzform bei Frauen nach der Belastungsinkontinenz. Nicht selten kommt die Dranginkontinenz dann noch zu einer bereits bestehenden Belastungsinkontinenz hinzu. Wenn mehrere Inkontinenzformen gleichzeitig auftreten, spricht man auch von einer Mischinkontinenz.
Ursachen von Urge Inkontinenz
Bei der Urge Inkontinenz oder Dranginkontinenz handelt es sich vereinfacht gesagt um eine Speicherstörung der Blase. Für diese Erkrankung können unterschiedliche Ursachen verantwortlich sein.
Woher kommt eine Dranginkontinenz?Häufige Gründe für die Entstehung einer sensorischen Dranginkontinenz, also einer übersensiblen Blase, sind unter anderem:
- Häufige Blasenentzündungen und Blasensteine
- Östrogenmangel in den Wechseljahren bei Frauen
- Harnröhrenverengung durch eine Prostatavergrößerung bei Männern
- Harnröhrenverengung durch Tumore
Ursache der motorischen Dranginkontinenz, bei der die Nerven einen falschen Füllstand übermitteln, sind meist chronische Krankheiten mit neurologischem Hintergrund, wie:
- Multiple Sklerose
- Morbus Parkinson
- Schlaganfall
- Rückenmarksverletzungen
- Nervenverletzungen (Operation, Unfall)
- aber auch Stoffwechselerkrankungen, wie Diabetes.
Neben organischen, können auch psychische Ursachen für die Entstehung einer Dranginkontinenz verantwortlich sein. Dazu zählen:
- Stress
- Ärger
- Psychischer Druck
- Ängste
- Unterdrückte Aggressionen
Behandlung von Urge Inkontinenz
Die Therapie der Drangkontinenz oder Urge Inkontinenz richtet sich vor allem nach den jeweiligen Ursachen der Urge Inkontinenz sowie nach den jeweils auftretenden Symptomen und Beschwerden.
Welcher Arzt für Dranginkontinenz?
Dazu ist es wichtig, dass Sie schon bei den ersten Anzeichen für eine Dranginkontinenz einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen. Denn eine Dranginkontinenz ist eine ernstzunehmende Krankheit, die von selbst nicht einfach wieder verschwindet. Ein erster Ansprechpartner kann der der Hausarzt oder die Hausärztin sein. Sie können sich aber auch an einen Facharzt oder eine Fachärztin für Urologie wenden. Frauen können das Thema auch mit ihrem Frauenarzt bzw. ihrer Frauenärztin besprechen.
Ist Dranginkontinenz heilbar?
Mit der richtigen Therapie ist die Urge Inkontinenz gut behandelbar und in vielen Fällen auch komplett heilbar.
Was kann man tun bei Dranginkontinenz?
Wie bei anderen Inkontinenzformen auch, ist es auch bei der Therapie der Dranginkontinenz wichtig die jeweiligen Ursachen zu ermitteln und diese entsprechend zu behandeln, wie etwa:
- Eine bestehende Blasenentzündung auszuheilen
- Blasensteine zu entfernen
- Bei psychischen Ursachen, Entspannungsverfahren erlernen, Psychotherapie und Stressoren möglichst auszuschalten.
In vielen Fällen verschwindet dann auch die Dranginkontinenz wieder.
Nicht immer jedoch können die genauen Ursachen der Erkrankung ausfindig gemacht werden oder es liegen mehrere Ursachen für den unfreiwilligen Urinverlust vor. Auch können zugrundliegende Erkrankungen nicht immer vollständig geheilt werden. In diesen Fällen wird meist eine Stufentherapie begonnen, die entsprechend gesteigert wird, wenn die davorliegende Maßnahme nicht ausreichend greift.
Dranginkontinenz: Nicht-medikamentöse Therapieformen
In der Regel wird erstmal versucht die Beschwerden der Dranginkontinenz mit einer nicht-medikamentösen Therapie zu behandeln. Dazu gehören:
- Führen eines Miktionstagebuchs
Betroffene dokumentieren hier über mehrere Tage ihre genauen Trink- und Toilettengewohnheiten sowie Häufigkeit des Harndrangs und des Urinverlusts , um einen Überblick über die tatsächliche Ausprägung der Krankheit sowie eventuell verborgene Ursachen zu erhalten. - Blasentraining /Toilettentraining
Mithilfe des Blasentrainings, wird die Blase schrittweise trainiert wieder mehr Urin speichern zu können. Auf Dauer kann so die Blasenkontrolle allmählich wiederhergestellt oder zumindest verbessert werden. - Elektrotherapie
Eine weitere Möglichkeit zur Therapie der Dranginkontinenz besteht in der Elektrostimulation von Nerven, die Einfluss auf die Blasenmuskulatur haben. Hier stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung, die allesamt das Ziel haben, das übermäßig häufige Zusammenziehen der Blase zu verhindern und damit die Blasenfunktion wieder zu normalisieren. - Beckenbodentraining
Der Beckenboden spielt für die Kontinenz der Blase bei Männern wie Frauen eine entscheidende Rolle. Zur unterstützenden Behandlung einer Dranginkontinenz sollte deshalb möglichst auch konsequent Beckenbodentraining durchgeführt werden. - Welche Hausmittel bei Dranginkontinenz?
Unterstützend können auch Heilpflanzen, wie z.B. Arzneikürbis, Cranberry-Produkte oder auch Goldrutenextrakt Linderung verschaffen. - Änderung des Lebensstils
Hilfreich ist außerdem eine Änderung des Lebensstils zu mehr Bewegung, Abbau von bestehendem Übergewicht und der Verzicht auf blasenreizende Lebensmittel, wie Kaffee, Alkohol, scharfe Gewürze und stark säurehaltige Speisen.
Welche Medikamente helfen bei Dranginkontinenz?
Bringen die oben genannten Maßnahmen keinen ausreichenden Erfolg können auch Medikamente eingesetzt werden, um die Blasenmuskulatur zu entspannen und die Speicherkapazität zu erhöhen. Dazu werden in erster Linie folgende Wirkstoffgruppen eingesetzt:
- Anticholinergika
- Mirabegron
Wenn Östrogenmangel bei Frauen die Ursache der Dranginkontinenz ist, können auch lokal wirkende Medikamente in Form von östrogenhaltigen Gels und Zäpfchen Linderung bringen.
Botoxinjektion
Kommt eine medikamentöse Behandlung nicht infrage oder wirkt sie nicht ausreichend gut, besteht noch die Möglichkeit ein Nervengift in die Blasenwand zu spritzen, um die Blasenmuskulatur vorübergehend zu lähmen. Die Botoxinjektion in die Blasenwand trägt dazu bei die Speicherkapazität der Blase zu erhöhen
Operationen bei Dranginkontinenz
Als letztes Mittel und in sehr schweren Fällen von Dranginkontinenz kann die Krankheit auch chirurgisch behandelt werden. Operationsmethoden, die bei einer Dranginkontinenz infrage kommen, sind:
- Einsetzen eines Blasenschrittmachers
- Vergrößerung der Harnblase
Welche Hilfsmittel bei Dranginkontinenz?
Um die Dranginkontinenz in jedem Stadium optimal zu versorgen, stehen darüber hinaus spezielle Inkontinenzmaterialien zur Verfügung, die in jeder Lebenssituation für ein trockenes und sicheres Gefühl sorgen. Hilfsmittel bei Dranginkontinenz sind bedarfsgerecht in vielen unterschiedlichen Formen und Größen erhältlich und können meist sehr dezent, wie Unterwäsche, getragen werden. Dazu gehören unter anderem:
- Inkontinenzeinlagen
- Inkontinenzvorlagen
- Inkontinenzpants
- Inkontinenzwindeln, etc.
Die Kosten für Inkontinenzprodukte werden ab einer mittleren Inkontinenz von den gesetzlichen Krankenkassen größtenteils übernommen. Dafür müssen sie sich von Ihrem Arzt ein Rezept ausstellen lassen und können die Verordnung zur Versorgung mit Inkontinenzartikeln bei Dranginkontinenz bei uns einreichen.
Autoren-Profil
Anja Lang ist Medizinjournalistin mit langjähriger Erfahrung. Nach dem Studium der Kommunikationswissenschaften mit Schwerpunkt Medizin- und Wissenschaftsjournalismus war Sie als Medizinjournalistin für verschiedene Fernsehsender tätig. Mittlerweile ist sie seit über 20 Jahren selbstständig und schreibt für diverse einschlägige Fachzeitschriften sowie Gesundheitsportale.
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